Prozessketten zur Fertigung von Medizin-, Feinmechanik-, Individualbauteilen und Prototypen aus Kunststoff (PolyPro3D)

Nahezu alle 3D-Druck-Verfahren erzeugen sehr raue Oberflächen, oft mit Rauheiten über Sa ≥ 10 µm. Für viele Anwendungen ist eine Reduzierung der Rauheit notwendig, jedoch werden die dafür nachgelagerten Prozessschritte bei der Prozessentwicklung additiver Fertigungsprozesse meist nicht berücksichtigt, sodass Fertigung und Nachbearbeitung nicht aufeinander abgestimmt sind. Zusätzlich besitzen klassische Nachbearbeitungsverfahren typische Nachteile, wie Einarbeitung von Fremdpartikeln, nur mäßige Glättung (z.B. Gleitschleifen), hohe Kosten (insb. manuelles Polieren) oder Nutzung chemischer Gefahrstoffe.

Ein neues Verfahren ist das Laserpolieren, das bereits erfolgreich an Flachproben demonstriert wurde. Durch Erweiterung des Laserpolierverfahrens auf 3D-Oberflächen und Anpassung des SLS- und FDM-Verfahrens (SLS = Selective Laser Sintering; FDM = Fused Deposition Modeling) an die Möglichkeiten des Laserpolierens wird eine neue Prozesskette zur additiven Fertigung von Bauteilen mit optimierter Oberflächenqualität entwickelt. Eine solche Prozesskette eröffnet einzigartige Möglichkeiten, wie z.B. fremdpartikelfreie und selektive Nachbearbeitung, 100%ige Automatisierbarkeit, extrem niedrige Mikrorauheit und Ausheilung von Defekten in der Randschicht. Zusätzlich soll durch eine solche Prozesskette die mögliche Aufbaurate und damit die Wirtschaftlichkeit der additiven Fertigung signifikant gesteigert werden, da das Laserpolieren die niedrigere Oberflächenqualität ausgleicht.

Erste Untersuchungen haben gezeigt, dass die Druckparameter einen Einfluss auf das Ergebnis nach dem Laserpolieren haben. Es wurde festgestellt, dass eine Schichtdicke von 100 µm tendenziell das beste Polierergebnis liefert. Ein Aufbauwinkel von 15° sollte vermieden werden, da dadurch ein starker Stufeneffekt entsteht, der durch das Laserpolieren nicht vollständig entfernt werden kann. Des Weiteren wurde festgestellt, dass die Rauheit auf der Downskin-Seite immer niedriger ist als auf der Upskin-Seite.

Es wurden auch die zusätzlichen Einflussgrößen bei der 3D-Bearbeitung beim Laserpolieren untersucht. Dabei wurden insb. die Einflussgrößen Wandstärke, Einstrahlwinkel beim Laserpolieren und Kantenverrundung untersucht.

Zudem wurde das erste echte 3D-Bauteil, ein Zylinder, erfolgreich gedruckt und poliert.

Die Prozesskette aus 3D-Druck und Laserpolieren ist insbesondere für 3D-Druckdienstleister interessant, die überwiegend KMU sind und ihr Angebotsspektrum um das Laserpolieren erweitern können. Anlagenhersteller können die Marktlücke fehlender Laserpoliermaschinen für Kunststoffe füllen. Außerdem sind neue, automatisierte Hybridmaschinen für 3D-Druck und Laserpolitur zukünftig möglich. Die fremdpartikelfreie und selektive Nachbearbeitung ist für individuelle Medizinprodukte vorteilhaft, die oft Start-ups oder KMU vertreiben.

 

Autoren:

Dr. Karsten Braun
Fraunhofer ILT (karsten.braun@ilt.fraunhofer.de)

Marco Skupin, M.Sc.
FH Aachen (
skupin@fh-aachen.de)

Projekt
PolyPro3D 

01.01.2023 – 30.06.2025 

Ansprechpartner:

Marco Skupin
skupin@fh-aachen.de